Mittwoch, 10. Juli 2013

Nordenreise



An der Busstation in Tamale

Im letzten Eintrag ging es um den Beginn unserer Reise durch den Norden Ghanas. Wir haben bei Bolga mit Motorrollern Felslandschaften durchstriffen, uns auf eine dicke Krokodildame gesetzt, die Luft Burkina Fasos schnuppern dürfen, haben eine der wohl ungemütlichsten "Straßen" Ghanas bezwungen und wohnen nun im Mole Nationalpark zwischen Elefanten, Warzenschweinen und Pavianen. Die Bilder dazu sind jetzt auch dort zu finden.

.. da das Hotel im Mole NP als oft besuchtes Touristenziel dem westlichen Hotelstandard entsprechen möchte, können wir den Tag ganz dekadent im Hotelpool ausklingen lassen. Auch wenn ich und wir nicht gern wie typische weiße Touris auftreten- dem Pool kann dann doch niemand widerstehen. Auf dem Rücken schwimmend mit Blick in den Nachthimmel genießen wir den letzten Abend im Mole.


Der nächste Tag.
Wieder mal viel zu früh für einen Urlaub- um 3 Uhr- klingelt der Wecker; 4 Uhr- Abfahrt nach Tamale. Der Busfahrer verschläft nur eine knappe dreiviertel Stunde. Noch ist der Bus so gut wie leer. Als sich die Bustüren im nächstgrößeren Ort auf der Strecke öffnen, strömen etliche Menschen in den Bus. Es wird gedrängelt, es wird geschrien, es werden Kanister und Säcke durch Türen und Fenster nachgereicht. Als wir weiterfahren, ist der Bus so voll wie  deutsche Straßenbahnen zur Feierabendzeit. Wir werden wieder schrecklich durchgeschüttelt, eine besonders tiefe Bodenwelle katapultiert neben uns fast ein Baby vom Schoß seiner Mutter.
Zurück im Hostel beschließen wir voller Tatendrang, den Markt dieser Großstadt zu entdecken. Doch- Regen. Regen der einfach nicht aufhören möchte. Wir ziehen trotzdem los. Das Marktgelände befindet sich im Inneren zweier Straßen, in denen Laden an Laden steht. Einige Lücken bilden die Eingänge. Als wir einen davon erreichen, stehen wir vor einem Problem. Aus dem Eingang ergießt sich ein sandig brauner Regenwasserfluss auf die Straße. Versus Flip- Flops. Egal, wir springen an den Gassenrändern umher, von kleiner Insel zum nächsten Stein vor einem Laden. Nach dem ersten Sprung blicke ich auf den Holztisch vor mir-Kuh- oder Ziegeninnereien, die mit einem Messer akkurat zerteilt werden. Zu viel für Nase und Augen- eilig springe ich weiter. Zum Glück schließt sich der Fleischabteilung schnell die Textilabteilung an, in der Stoffe verkauft und Kleider geschneidert werden. Wegen des Regens sind aber leider viele Läden bereits geschlossen.. Später gehen wir zur Busstation um Tickets für die bevorstehende Fahrt nach Kintampo zu kaufen. Tickets würden erst am Morgen verkauft, wir sollen doch bitte 4.30 Uhr wiederkommen. Toll.

Der Wecker klingelt, wir schleifen uns aus dem Bett in unsere Sachen, stämmen die großen Reiserucksäcke auf unsere Rücken und machen uns auf den Weg zum Busbahnhof. Kein Bus. Es ist windig und, ja, kalt. Sehr sogar. 5 Uhr- wir bibbern weiter. 6 Uhr- es wird hell und wir erfahren, dass der Bus nie vor 6 kommen käme. Um 7 Uhr steigen wir dann endlich ein. 



Der Flatscreen darf zum Warten nich fehlen.. Nur angeschaltet wäre er besser..


Die Route geht wieder in Richtung Süden- die Streichhölzziehung in Bolga hat nicht nur Wa ausgeschlossen, sondern auch die Kintampo Wasserfälle und Buabeng- Fiema mit in den Plan aufgenommen. Wir kreuzen wieder die Voltaflüsse und steigen an der Kintampo- Raststätte aus. Im Bus haben wir einen jungen Mann getroffen und ihn mit seinen Telefonkonfigurierungsproblemen weitergeholfen. Nun hat er beschlossen uns zu begleiten. Eigentlich möchte er einen Freund besuchen, die Kintampo Fälle hat er aber als Kind zum letzten Mal gesehen.
Der Wasserfall besteht aus mehreren Stufen. An der ersten hängen eine schwarze Kobra und eine Python in den Baumwipfeln über uns. Die letzte Stufe ist deutlich höher. Wir warten in Badesachen unter den Wasserfall  und die glatten Felsen entpuppten sich als gute Rutsche. Unfreiwillig herausgefunden.




Tausendfüßler im Wald

Als wir gehen wollen, schlägt unser neu gewonnener Freund vor, bei seinem Freund zu essen. Er hätte uns bereits angemeldet und es läge sowieso auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel Buabeng- Fiema. Letztendlich sollte er uns nicht in die nähe der Dörfer, sondern eine knappe Stunde daran vorbei in die falsche Richtung führen. Da saßen wir nun also zu sechst ins kleine Taxi gequetscht. Falsche Richtung, zu spät, seit dem Frühstück nicht mehr gegessen- und noch keine Ahnung wie wir später zum Dorf kommen sollen, wo wir schlafen.. Wir sind gestresst- er gelassen. Schließlich erreichen wir das Haus seines Freundes Nanna. Während seine Frau uns zwei riesige Fufuklopse bringt, erzählen uns beide ihre Geschichte- sie kennen sich von der Schule, nun sei Nanna ein Fetishpriester.
Nach einem interessanten Gespräch über Geister und deren Kraft, Glaube und Willensstärke steigen wir in ein Taxi. Nanna's Bruder, dem es gehört, hat angeboten uns weiter zu fahren. Wir erreichen Buabeng noch im Tageslicht, das Guesthouse hat noch freie Zimmer- Entspannung.



Gegen 6.30 Uhr werde ich vom knallen des Wellblechdaches geweckt. Die Monameerkatzen- eine der zwei Affenarten, die in Buabeng und Fiema leben, springen über unser Dach. Als wir Frühstücken, entdecken wir sie in den Bäumen neben dem Gelände. Schließlich kommen sie zu uns, springen in den Mangobäumen und auf den Dächern umher.
Unser Guide, ein kleiner, alter Mann im braunen Anzug mit faltigem Gesicht, schräger Stimme und einigen fehlenden Zähnen, führt uns in den Wald. Er erzählt uns eine alte Geschichte( an die ich mich versuche zu erinnern):
Vor einigen hundert Jahren lief ein Jäger aus dem Dorf einer Antilope in den Wald nach. Er folgte ihr bis zu einem Fluss, an dem er auf einen fremden Mann traf. Es stellte sich heraus, dass der Mann ein Priester und Medium der Gottheit des Flusses war. Diese beschützten den Wald und die Affen darin. So kam es, dass der Jäger den Mann mit in's Dorf nahm. Der Priester erklärte, würden die Menschen die Affen ebenbürtig behandeln, würde er bei ihnen im Dorf bleiben.
Nach der traditionellen Naturreligion, glaubt man daran, dass Geister und deren Medium, der Priester, die Macht haben, persönliche Probleme zu lösen. Sie geben Rat bei Streitigkeiten, Ehebruch, Unfruchtbarkeit, etc.
Die Dorfbewohner willigten also ein. Seitdem kommen die Affen morgens und abends aus dem Wald in die Dörfer und essen ungestört wie wann und wo sie Lust haben- die Bewohner müssen ihnen etwas abgeben. Sie dürfen die Affen weder töten noch verletzten. Ist einer der Affen todkrank, so geht er in's Dorf, um dort zu sterben. Er wird dann auf einem Friedhof im Wald neben anderen Affen und den verstorbenen Priestern begraben.
Sobald ein Affe verstorben ist, beginnt sein Clan in jeder Nacht stundenlang zu schreien- sieben Tage lang. Nach den sieben Tagen wird auch ein Mensch im Dorf sterben, so der Glaube. 

Während er erzählt, führt uns der Mann zu einem Baumgerüst eines Fikus, zu den Affenclans, die sich überall durch die Äste in die Richtung unserer Bananen schwingen. Manche kommen vorsichtig zu uns, andere springen frech an uns herum, um die begehrte Frucht zu erreichen.






Nach der Tour entscheidet ein zweites Streichholzziehen über die Reise der Unentschiedenen- kein zweiter Abend mit den Affen, auf nach Kumasi.
In Kumasi verbringen wir den Rest unserer Reise. Beim ersten Versuch auf den Zentralmarkt zu gehen, werden wir wieder einmal vom Sturzregen überrascht. Danach herrscht auf dem wohl größten Markt Westafrikas, wie in Tamale, Feierabendstimmung. Wir besuchen das Kulturzentrum, füllen Abende mit der Suche nach Essmöglichkeiten- verursacht durch eine grottenschlechte Stadtkarte, entdecken die Gastfreundschaft von indischen Ghanaern, die uns in ihren Club einladen, die Spendierfreude von Libanesen, die in Ghana großes Import- Export Business machen, dann tatsächlich doch noch den unheimlich großen Markt. An Stoffstraßen, Unterhosengassen und Schmuckgängen vorbei. Dann..
Wir schauen ungläubig auf eine silberne Schale, auf der ein Haufen getrockneter Camelions liegt, beraten uns und fragen dann die Verkäuferinnen, ob sie die Camelions essen würden. Sie sind geschockt. Essen??? Nein, die verwenden wir für Medizin. Ach so, na dann..
Wandbild des Kulturzentrums

Vorm großen Regen und dem Zentralmarkt in Kumasi

Feierabend..

Der Markt von Oben



Unser letzter Tagesausflug geht zum Schmetterlingsschutzgebiet in einen Wald bei Kumasi. Schon lange vor der Reise haben wir uns halb im Scherz auf diesen Ort gefreut. Tausende verschiedener exotischer großer Schmetterlinge. Im Wald angekommen- Regen. Viel Regen. Langer Regen. Unsere Rettung- im Empfangsgebäude, dem sich ein Gasthaus anschließt, steht ein volles Bücherregal. Und Sofas. Wir durchstöbern alte Doktorarbeiten über die Schmetterlinge und alte Zeitschriften, während der Regen auf den Blechdächern trommelt. Bei der geführten Tour fliegen dann 2 kleine Schmetterlinge an uns vorbei. Statt Butterflys eine Baumbeschauungstour. Nicht was wir uns vorgestellt haben, aber langsam gewöhnen wir uns daran, dass sich der Regen nicht von unseren Oburoni- Planungen beeindrucken lässt.

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