Mittwoch, 23. Januar 2013

Was macht die Arbeit eigentlich so..?

[.. ein kleines Selbstgespräch vorweg..] Mittlerweile bin ich dort seit 2 Monaten in der Notaufnahme des Krankenhauses und quasi schon ein alter Freiwilligen- Hase. Neben der Arbeit an sich ist es inoffiziell auch meine Aufgabe, die Oburonis aus Australien, Holland, Schweden, Brasilien und sonst wo in unserem Emergency Room( wie gesagt, Room steht hier tatsächlich für 1 Raum) herumzuführen und ihnen sowohl Arbeit als auch Umfeld zu zeigen und erklären. Da viele nur im Arbeitsurlaub oder Semesterferien zum freiwilligen Arbeiten kommen, bleiben sie oft nur für 2 bis 4 Wochen. Also kann ich dann immer wieder von Neuem über Ghana, die Arbeit oder die Sprache erzählen. By the way, damit ihr auch etwas davon lernen könnt:
Begegnet ihr jemals einem Ghanaer oder einer Ghanaerin, findet dies auch heraus und er oder sie spricht dann auch noch Twi, könnt ihr folgendes sagen:
( Einige Buchstaben gibt es auf meiner Tastatur leider nicht also schreib ich in ner Twi- Deutsch- Mischung. "c" ist wie im russischen ein scharfes "s"... wobei das "s" eigentlich immer scharf ausgesprochen wird..)

Äte säin?                                            .. zur Begrüßung ein:                                "Hallo, wie geht's?"
Äyä! /Mee hoje!                                 .. könnten hier die Antwort sein:              "Gut!" also.
Na uo suä?                                         .. fragt man dann zurück:                          "Und wie geht's dir?"
Mee cu meehoje. / Mee cu äyä.                                                                           "Mir geht's auch gut."

So würdet ihr zwar noch keine philosophisch- tiefgründige Unterhaltung führen, hättet aber schon einen Freund oder eine Freundin mehr. Die Ghanaer_innen freuen sich nämlich meist schon über ein einziges Wort ihrer Sprache, das über Oburoni- Lippen geht, wie Schneekönige.
Okay,ich schweife wieder ab. Was auf der Arbeit selbst geschieht ist leider weniger erfreulich.. Wie ich im Dezemberbericht schon geschrieben habe, haben wir leider wenig technische Ressourcen, um Patienten akkurat untersuchen zu können. Immerhin gibt es ein Labor mit einem Gerät, das vollautomatisch Blutbilder erstellen kann. So haben wir eine kleine Hilfe bei der Diagnostik die wir auch grundsätzlich nutzen. Ansonsten beschränken wir uns auf ein Blutdruckmessgerät mit der normalen Messeinheit mmHg= Millimeter Quecksilbersäule. Besonders daran: wie sonst nur aus Krankenhaus- es- war- einmal- Mythen bekannt, werden tatsächlich die Millimeter, die Quecksilber in einer Säule aufsteigt, gemessen. Andere Stationen nutzen allerdings schon elektronisch- digitale. Hier machen sich mal wieder die Unterschiede, die mich in Ghana immer wieder in Staunen versetzten, deutlich. Außerdem haben wir digitale und Quecksilberfieberthermometer und ein Markenstetoskop, das leider nur zur Blutdruckmessung verwendet wird. An Patienten mit Asthma, Brustschmerzen oder schlimmstenfalls Atemstillstand wird es nie von den Schwestern und Pflegern genutzt. Zum Messen von Blutzuckerspiegeln haben wir dann noch ganz normale Blutzucker Messgeräte, wie sie auch in westlichen Krankenhäusern genutzt werden.
Patienten werden nach Unfällen leider nur dort behandelt, wo offensichtlich auch Schaden besteht. Wunden werden genäht, Infusionen werden gegeben. Das Röntgengerät wird, wenn auch vorhanden, von der Notaufnahme nicht genutzt. Auch wenn jemand aus mehreren Metern von einer Palme fiel, wird er, vollkommen neben sich stehend vor Schmerz, wegen eines blutenden Zahns zum Klinikzahnarzt geschickt. Schließlich hat er keine anderen offensichtlichen Verletzungen; leider auch weder die staatliche Krankenversicherung noch die 20 Cedi( = ca. 8,30 € )für eine Röntgenaufnahme. In solchen Fällen, in denen mir Dinge wie Kieferfraktur, innere Blutungen etc. einfallen, und ich dabei zusehe, wie ein schwer verletzter Patient zum Zahnarzt geschickt wird, merke ich deutlich die Unterschiede zwischen deutschem Gesundheitssystem und Diesem. Welcher Behandelnde würde sich in Deutschland schon trauen einen Patienten in diesem Zustand zum Zahnarzt zu schicken und welchem imaginären Patienten würde da nich "den würde ich verklagen" einfallen..?
Was so etwas betrifft, ist die Arbeit manchmal ernüchternd. Sehe ich dann aber wiederum ein 5jähriges Mädchen, das, nachdem es von einem Taxi überfahren und mehr tot als lebendig aussehend zu uns getragen wurde, nach nur einer Woche von der Station nach Hause gehen, dann bin ich sowohl überrascht als auch überglücklich. Bedenkt man, dass dieses Mädchen auch in Deutschland mit allen MRTs, CTs usw. eher schlechte Chancen gehabt hätte.
Genug von der Arbeit, denn schließlich habe ich im Dezember nicht nur gearbeitet, sondern auch Geburtstag( wie ihr schon wisst), Weihnachten und Silvester gefeiert.

Weihnachten
Da es besonders im Süden Ghanas( ..in dem ich lebe..) viele Christen gibt, werden natürlich auch christliche Feste zelebriert. Die ohnehin sehr gläubigen und Kirchentreuen Ghanaer_innen nutzen dieses Fest, das anders als in Deutschland offiziell am 25. beginnend gefeiert wird, um wie so oft in die Kirche zu gehen. Manche zieht es schon am Abend des 24. in die Kirche, um sich in Echtzeit minus x Jahre die Geschichte der Geburt Jesu erzählen zu lassen, andere gehen am 25. und 26.. Wer hier, so wie ich, im westlich materiellen Sinne auf eine "Bescherung" wartet, wird dies vergeblich tun. Im Grunde genommen ist Weihnachten hier eine Zeit, in der Mensch sich auf seine Religion besinnt, an die Geburt Jesu Christi erinnert und mit leckerem Essen Zeit mit seiner Familie verbringt( wie in Deutschland reisen ältere und jüngere Kinder zu ihren Eltern).

Meine Gastmutter und 2 meiner 3 Geschwister nach dem Weihnachtskirchenbesuch


Mein kleinster Bruder und ich
Apropos Essen.. Am Donnerstag vor Weihnachten verteilte das Krankenhaus  Weihnachtsgeschenke an alle Mitarbeiter. Mehrere Kollegen hatten mich am Morgen dazu ermutigt, zur kleinen Zahnklinik zu gehen um auch mein Geschenk abzuholen. Auf die Frage, was es dort denn gäbe, antworteten sie " Chicken". Also machte ich mich auf den Weg um Chicken für das Weihnachtsessen meiner Familie abzuholen. In der Klinik selbst gab es einen großen Sack Yasmin Reis aus Thailand, Markentomatenmark von "Tasty Tom"( beide Marken versprechen in Werbespots, dass ein Essen nur mit ihnen gelingen könne) und einer Flasche Markenöl von Gino( Gino behauptet mit einem Lied in einem einminütigen Gehirnwäsche- Werbespot "Good things always happen with Geno, the family is always happy with Gino.."). Für mein Chicken wurde ich dann nach Draußen geschickt.. einfach mal den anderen Leuten hinterher.. Und was ich dann sah, hatte ich überhaupt nicht erwartet. Ein ganzer Raum der Zahnklinik wurde( natürlich vorher ausgeräumt) mit Stroh, Futter- und Trinknäpfen ausgestattet und kurzerhand zum Zu hause einiger duzender LEBENDIGER Hühner.
 Als ich noch etwas fassungslos in der Tür stand, wurde mir mit einem "Here Oburoni, take your Oburoni- Chicken" eines der Weihnachtshühner überreicht. Noch ziemlich perplex suchte ich also schnell für ein Zu hause für "Ken", wie wir ihn später nannten. Die meisten Kollegen hatten ihr Chicken in einer schwarzen Plastiktüte verstaut, in die sie ein Loch für den Kopf rissen. Da ich meinem Chicken nicht dem gleichen Schicksal überlassen wollte, besorgte ich die größte Pappbox, die ich auftreiben konnte und besorgte ihm ein Gefäß mit Wasser. Amüsiert von meinem Engagement für die Unterkunft eines einfachen Hähnchens, schnitt der Hühner- Verantwortliche mit seiner Machete rundherum Löcher in die Box und gab mir eine Hand voll Futter. Unsicher darüber, was ich nun mit meinem lebendigen Geschenk anfangen sollte, ging ich nach Hause. Von meinem ersten Impuls ihn auszusetzen wurde mir mehrfach abgeraten, weil es dann höchstwahrscheinlich trotzdem sterben würde; wenn auch durch einen Hund oder ein Taxi. Also überreichte ich Ken meiner Familie, die sich sofort das beste Gericht ausdachte, das ihnen bei seinem Anblick einfiel. Mit Hoffnung auf Kens Überleben erklärte ich, wie praktisch es doch wäre, eine Henne zu besorgen und Eier statt Huhn zu essen.
Am nächsten Tag fuhr ich nach Accra; und als ich nachhause kam, gab es Fufu mit Erdnusssauce... und Huhn..

Ken- R.I.P.
Am Morgen des 26. beschloss ich, immer noch auf eine offizielle Geschenkübergabe wartend, die Geschenke an meine Familie zu verteilen. Meine 3 Geschwister bekamen Malbücher und Stifte, meine Eltern, mein Onkel und meine Tante jeweils Duschgel oder Deo und ne persönliche Kleinigkeit dazu. Ich war unsicher ob es ihnen gefallen würde aber mehrere " God bless you" und " Wooooow! Thank you" haben mich dann beruhigt. An die Menschen in meinem Compound habe ich Süßigkeiten, an eine befreundete Gastfamilie eines anderen Freiwilligen habe ich eine Tüte Mangos verschenkt. Und alle haben sich wirklich sehr gefreut; keine Spur von hohen Erwartungen oder langen Gesichtern wegen eines falschen Geschenks. Meine Familie hat mir zu Weihnachten ein Kleid schneidern lassen und die Mutter der befreundeten Familie hat mir ein riesen Stück selbstgebackenen Kuchen, Minidonuts und Fanta gegeben.
Die Zeit nach Weihnachten bis Silvester habe ich mit anderen Freiwilligen in einer Lodge am Strand von Kokrobite bei Accra verbracht. Wir waren viel am Meer, haben lange geschlafen( in der Woche und am Wochenende stehe ich zu Huase gegen 6 Uhr morgens auf) und haben uns generell eine entspannte Zeit gegönnt.

Silvester
Da wir wussten, dass unsere Gastfamilien am Silvesterabend bis morgens zwischen 2 und 4 Uhr in der Kirche sein würden, beschloss die Mehrheit der Freiwilligen, zusammen im Resort unserer NGO "ARA" am Strand bei Kokrobite zu verbringen. Wir feierten also mit vielen Oburonis auf der Dachterasse zu einer selbst zusammengestellten Playliste, die von einem ghanaischen DJ ungekannt und unverstanden mit ghanaischen Liedern gespickt und verkürzt wurde; sahen uns die leider etwas kläglichen und dennoch schönen zuvor gekauften Feuerwerke an und genossen ein Silvester unter Palmen am Strand.




Wli- Wasserfall


Unser Taxifahrer mit vorliebe für gelbe Bauhelme.. Fahranfänger..?

Unser Ziel..

So wachsen Ananas..



Oberer Wasserfall




Blick auf unseren Start

Fledermäuse

Unterer Wasserfall








Nach einigen Tagen Arbeit bin ich dann am letzten Wochenende, dem Ersten in 2013, zum Wli- Wasserfall gefahren. Er soll mit 60 m der höchste Wasserfall Westafrikas, zumindest aber ganz sicher Ghanas sein und liegt in der Voltaregion an der Grenze zu Togo.
Nach einer Nacht in Accra und der Suche nach der richtigen Tro- Tro Station sind wir in einem nahezu taufrischen Tro mit Aircondition und einem nicht funktionierenden Bildschirm gelandet. Ein nicht funktionierender Bildschirm ist zwar schade für die Ghanaer_innen, dafür umso besser für uns Freiwillige. Die anfängliche Euphorie darüber ist bei uns schnell gewichen, als wir immer öfter über mehrere Stunden hinweg schlecht gemachte ghanaische Filme mit genauso schlechten Inhalten und noch schlechteren Effekten in übermäßig lautem Twi anschauen mussten.
Jedenfalls sind wir nach ca. 5 Stunden und einer Taxifahrt mit einem Fahrer, der zum Spaß Bauhelme trägt, zum Agumatsa- Naturreservat gelangt, und haben hier einen entspannten Resttag im Hotel verbracht. Außergewöhnlich für uns, die im durchweg ziemlich warmen Süden leben, waren die Temperaturen am Abend und in der Nacht.
- In ganz Ghana herrscht momentan Trockenzeit. Es ist nicht nur wärmer, sondern wie sich jeder denken kann regnet es auch nicht mehr. Die Luft kommt nicht mehr mit ca. 75% Luftfeuchtigkeit aus dem Süden( also vom Meer), sondern mit nur noch 25%  Luftfeuchtigkeit aus dem Norden. Außerdem addiert sich seit wenigen Wochen der Harmattan zur Trockenzeit. Dies bedeutet, dass mit Passatwinden aus der Sahara staubige Luft über Ghana geweht wird. Durch die in wenigen Monaten insgesamt mehreren Tonnen feinen Staubes werden die Tage trüb, die Sonnenstrahlen werden morgens und abends deutlich abgeschwächt( während die Sonne "typisch afrikanisch" fast rot wirkt), der Himmel ist manchmal etwas bräunlich und außerdem ist es nachts kälter als in der Regenzeit( die Unterschiede werden merklicher, je weiter man in den Norden oder in höher gelegene Gebiete kommt.-
Da wir uns während des Harmattans, relativ nördlich und hoch gelegen befanden, haben wir tatsächlich ungewohnter und -erwarteter Weise gefroren.. Wir schätzten gegen 20 Uhr 15- 17°C.. Vielleicht waren es auch 23.. Jedenfalls waren wir nicht auf solche Kälte vorbereitet.
Am Morgen machten wir uns dann zum Wasserfall auf. Er besteht aus 2 Stufen; die untere ist leicht erreichbar, zum oberen Wasserfall muss man den steilen Berg auf einem teilweise rutschigen und schmalen Pfad erklimmen. Wir hatten schon vorher entschieden, den schweren Weg zu wagen und so kletterten wir, geführt von einem Guide und gestützt von einem vor Ort geschlagenen Wanderstock 1,5 Stunden lang zum oberen Wasserfall. Auf dem Weg überquerten wir den vom Fall kommenden Agumatsa- Fluss über 12 kleine Brücken und führte uns zur unsichtbaren Grenze zu Togo. Das klettern war für mich als Sportmuffel nicht allzu einfach aber trotzdem okay und es hat sich wirklich gelohnt. Nachdem wir im kleinen oberen, unglaublich kalten See gebadet und uns mit Cookies gestärkt hatten, gingen wir zur unteren Stufe. Diese war eigentlich noch schöner aber croudeter. An der steilen Felswand links und rechts des fallenden Wassers hingen und flogen hunderte oder tausende Fledermäuse( ich bin sehr schlecht im schätzen). Zum Abschluss gingen wir noch, so weit wir kamen, unter den kalten Wasserfall, während direkt vor uns ein großer Regenbogen zu sehen war und uns die kalten tropfen schon einige Meter zuvor auf Platzregenniveau ins Gesicht prasselten. Ein unvergesslicher Tag.

"Know your status, get tested"
Nachdem wieder eine Arbeitswoche in der Notaufnahme verstrichen ist, half ich am vergangenen Samstag einigen amerikanischen Peace Corps beim von ihnen organisierten Event " Know your status, get tested". So war die Stadthalle Agona Swerdus von 8 bis 15 Uhr Platz für Spiele, Filme und Gespräche zum Thema HIV und AIDS. Außerdem konnte sich, wer wollte, gratis testen lassen( was insgesamt ca. 100 Bürger_innen nutzten). Das mag nicht nach viel klingen aber ist für hiesige Verhältnisse wirklich gut. Ich kann schlecht nachvollziehen aber doch verstehen, dass Ghanaer_innen lieber nicht erfahren wollen, ob sie Infiziert sein könnten, da dies vor nicht allzulanger Zeit praktisch noch einem Todesurteil gleichkam. Mittlerweile kann ein oder eine HIV- Infizierte_r  monatlich für 5 Cedi( ca. 2€) ins Krankenhaus kommen um untersucht zu werden und eine angepasste Therapie zu erhalten. So können Ghanaer_innen wie Betroffene auf der ganzen Welt ein "normales" Leben ohne AIDS führen. Durch fehlendes Wissen darüber und Angst bzw. ( gefürchtete) Intoleranz starben [2011] 17.230 HIV- infizierte Menschen an AIDS. Offiziell lebten im selben Jahr 225.478 Menschen mit HIV; darunter 30.401 Kinder, 100.336 Männer und 125.141 Frauen. Die Central Region, in der sich auch Agona Swerdu befindet, hat die landesweit höchste HIV- Rate mit fast 10% Bevölkerungsanteil.
Soviel zu den Fakten. An diesem Tag habe ich Statistiken aufgestellt, mit Kindern Infektions- Risiko/ kein Risiko- Spiele gespielt, Menschen auf der Straße dazu bewegt, teilzunehmen, einigen teilweise viel älteren Männern erklärt, warum und wie Männer- und Frauenkondome( Femidome) anzuwenden sind, eine Menge eben dieser verteilt; und noch mehr rote Schleifen vergeben.

..beim Quizz für richtige Ernährung

How to..

2 meiner Kolleginnen der HIV- Abteilung des Krankenhauses


( Falls ihr wissen möchtet, was Frauenkondome sind:  http://de.wikipedia.org/wiki/Femidom)


Der nächste Bericht kommt hoffentlich im Februar; geplant ist bis dahin ein Besuch der Shai Hills nördlich von Accra, in denen Paviane und Antilopen leben sollen; der Besuch der Sklavenburg in Cape Coast und eine Übernachtung in den Baumwipfeln eines Regenwaldreservats, des Kakum National Parks.





Abena Lisa Adaletey

Montag, 14. Januar 2013

Afeshia pa! Frohes neues Jahr euch allen..!



Mal wieder gibt's viel zu erzählen, da seit dem letzten Bericht ja wieder gut 1 Monat verstrichen ist; und zwar über die Wahlen in Ghana, meinen Geburtstag hier, Weihnachten, Silvester und einige Reisen.
Ich fang einfach mal chronologisch an. Die Wahlen vom 07.12.2012( Freitag) hat die regierende Partei NDC mit John Mahama als Präsident gewonnen. Beide potenziellen Präsidenten der NDC und NPP lieferten sich ein Kopf an Kopf rennen, bei denen beide Kandidaten ca. 50% der Wählerstimmen bekamen, Mahama dann aber mit ca. 3% Vorsprung gewann.
Generell finden die Wahlen zwar unter gleichen Bedingungen wie in Deutschland statt, vom Wahlgeheimnis zum Beispiel machen die Ghanaer_innen nicht allzuviel Gebrauch. Schon Wochen vorher zelebrierten die Anhänger in Farben, mit Fahnen und Shirts ihrer favorisierten Partei selbige auf den Straßen, indem sie mit Musik und Pfeifen durch die Straßen tanzten oder fuhren. Besonders in der Wahlwoche habe ich praktisch überall, auf der Arbeit, dem Heimweg oder aus der kleinen Kneipe vor meinem Fenster aufgeregte Diskussionen auf Fanti gehört, deren Inhalte sich anhand von "NPP" und "NDC" erahnen ließen.
Die Wahl selbst begann ziemlich früh am Morgen. Hier trafen ghanaische Gelassenheit, Termindruck und Technik aufeinander. Da in den vergangenen Jahren oft mehrfach gewählt wurde, sollte dies nun mit mehreren Mitteln verhindert werden. Zum einen musste sich jede_r Wähler_in im Vorfeld mit einer Wählerkarte registrieren lassen. Diese war mit einem Strichcode versehen und wurde direkt vor der Wahl maschinell eingelesen. Außerdem mussten Alle auf der Liste ihres Wahllokales vorher dokumentiert und bei Erscheinen ausgestrichen werden. Weiterhin wurden sie vor dem Wählen mit Farbe am kleinen Finger markiert und mussten ihren Fingerabdruck in ein kleines Gerät dafür abgeben. Eigentlich fast klar, dass sich in dieser Vielzahl von Maßnahmen Fehler einschleichen würden und dass das Prozetere die Stimmabgabe ziemlich in die Länge ziehen könnte. So kam es dann, dass die Maschinen zum Einlesen des Fingerabdruckes vielerorts nicht durchgehend funktionierten, dass sich einige nicht in den Wählerlisten vermerkt fanden und dass auch spät abends in einigen Orten noch Menschentrauben vor den Wahllokalen und -zelten an standen. Letztendlich waren die Stimmen dann mit leichter Verzögerung am Sonntagabend um 22 Uhr ausgezählt. Mit der Ergebnisverkündung wurde der eigentlich zu stille Abend dann plötzlich zu einer spontanen Straßenparty mit Tröten, Pfeifen, Autokorsos und lauter Musik. In Deutschland vergleichbar mit dem Geräuschpegel, den es in größeren Städten beim Gewinn eines Fußball- EM oder WM Spieles gibt.
Trotzdem wurden im nachhinein einige Stimmen über Wahlmanipulation laut und noch einige Tage nach den Wahlen fanden in Accra deshalb Proteste statt, die von einem imposanten, teilweise wohl schwer bewaffneten Polizeiaufgebot bewacht wurden.
Trotzdem verlief die Wahl in Ghana sehr ruhig und friedlich, auch wenn den NPP- Wählern am Montag deutlich die Enttäuschung anzusehen war.

Geburtstag
Obwohl ich für meinen Geburtstag ein Übergießen mit jeglicher Art von Wasser prophezeit und noch mehr gefürchtet habe( ich wasche ja meine Wäsche per Hand und bin semi-begeistert von mehr Wäsche als ohnehin schon), konnte ich der Tradition geschickt entkommen. Den Abend vor meinem Geburtstag habe ich im Haus einer Freundin verbracht, die einige Minuten von mir entfernt wohnt. Ihre Gastfamilie hat ein großes Haus mit einer kleinen Backstube und einem Shop in dem eigentlich alles essbare zu erstehen ist. Die ca. 15 Kinder mit denen ich im Compound lebe fragen mich regelmäßig, ob ich ihnen nicht mal Süßigkeiten schenken wolle( jap, die Kinder drücken ihre Wünsche hier sehr direkt aus). Also hab ich mich entschlossen Kuchen für alle meine "Mitbewohner" von jung bis alt zu backen. Und welcher Anlass wäre dafür passender als mein Geburtstag..? Also haben Kamala, ihr neuer Mitbewohner und Lehrerassistent Valentin und ich in meinen Geburtstag reingebacken. Es gab Milo- Kuchen( modifizierter Marmorkuchen mit Nestle´Malz- Kakao den es hier überall zu kaufen gibt) und Ananaskuchen. 



















Kuchen, Schweizer Schokolade und eine Bauchkette
Gegen 12 haben wir 3 dann mit einem Rotwein
( beschriftet mit: Spanischer Wein, ausschließlich zum Export nach Kanada; manchmal schon seltsam, wie und woher die Dinge nach Ghana kommen..) und einem Milo- Herzform- Kuchen zum durch schlechte Verbindung etwas stockenden " Happy Birthday" von Stevie Wonder angestoßen. Am nächsten Morgen bin ich dann mit einer großen, zur Tarnung mit etlichen Plastiktüten umhüllten, kuchengefüllten Box zur Arbeit gefahren( Tarnung da Ghanaer_innen ja sehr gern essen und ich den Kuchen ja abends an ca. 30 Leute verteilen wollte). Da mein Oburoni- Kollege, Matthias, mir ein Glas Nutella schenkte, haben meine Kollegen der Notaufnahme dann von meinem Geburtstag erfahren und laut klatschend " Happy Birthday"( in der 2. Strophe " How old are you now?") inmitten unserer 3 von Magen- Darm- Grippe und Malaria geplagten Patienten gesungen. Ich denke immer noch leicht verstört an den zwar sehr lieben aber vom Geräusch erbrechender Menschen begleiteten Gesang zurück.
Am Nachmittag bin ich schnell nach Hause gefahren um zu duschen und mich für ein Treffen mit Freunden an einem Spot vorzubereiten. Zum Glück war der Compound bis auf 2 Leute noch leer, da alle anderen noch auf der Arbeit oder in der Schule waren. So wurde ich schon mal nicht übergossen. Als ich aus der Dusche stieg und Sarah, eines der Nachbarskinder, aufgeregt zu mir sprang um mir etwas u erzählen,  bemerkte ich ein kribbeln auf meinem rechten Fuß. Und wer saß da..? Zu meiner Freude und vielversprechend für ein neues Lebensjahr hatte es sich eine unglaublich große Kakerlake auf meinem Fuß bequem gemacht( vllt so 6 oder 7 cm lang). Das kuriose daran- ich habe weder vorher noch seitdem eine so große Kakerlake gesehen, geschweige denn auf meinem Fuß begrüßen dürfen. Nachdem ich dann von einem entspannten Nachmittag mit anderen Freiwilligen vom Spot zurückkam, bin ich schnell und unerkannt in mein Zimmer geflüchtet, um den dort versteckten Kuchen vorzubereiten. Als ich dann mit Diesem in der Hand auf den Compound trat und vorrausschickte: wenn ich übergossen würde, wäre der ganze Kuchen zerstört,war ich endgültig vor der unerwünschten Dusche gerettet.
Ansonsten gibt es neben dem Lied "Happy Birtday to you! [...] How old are you now? [...]" keine " exotischen" Geburtstagsbräuche. Gerngesehene Aktivitäten und Geschenke sind Ausgehen um zu essen oder etwas zu trinken. So wie wir in Deutschland vllt. zur Feier des Tages zu Restaurants internationaler Küche gehen, gehen wir hier also zu Spots, in denen typisch ghanaische Reisvarianten angeboten werden, trinken ein Bier oder eine Cola und genießen den Tag. Geschenkt wird also eben dieses Ausgehen oder etwas nützliches für den Alltag.
    


Am Wochenende nach meinem Geburtstag bin ich mit einigen Freunden zu meinem Wunschziel gereist. Es sollte nach Dzita, einem kleinen Fischerdorf in der Voltaregion, am Golf von Guinea, gehen. Da ich am Donnerstag sowieso nach Accra musste( durch ein kleines Missgeschick beim 12 Uhr- Biss in den Geburtstagskuchen musste ich leider zum Kieferorthopäden fahren), beschloss ich auch dort zu schlafen um am Freitag früher zur Voltaregion fahren zu können. Möchte man verreisen muss man nämlich oft in Accra umsteigen und dementsprechend dauert es am Wochenende meist mehrere Stunden um in die Innenstadt rein und genausolange um raus zu fahren. Nach einer Nacht in eher mäßiger Unterkunft beim billigen Jugendherbergs- Flair- Heilsarmee- Hostel mit geschlechtergetrennten 6- Mensch- Zimmern haben wir uns dann Freitag auf den Weg zum eigentlichen Ziel gemacht. Bevor wir die prophezeit 8- stündige Reise antraten, holten wir uns Egg and Bread an der Straße. Das Lieblingsfrühstück vieler Freiwilliger: gebratenes Ei mit Gemüse zwischen 2 angebratenen Weißbrotscheiben. Beim warten fielen uns die wohl bisher lustigsten Oburonis auf, sie saßen an der gegenüberliegenden Straßenseite( ich lade einfach mal das Bild dazu; im Sinne von Bilder sagen mehr als Worte) und aßen, Zigaretten rauchend, auf viel zu kleinen Stühlen Haferschleim.

...Accra Vice...



    
Von der Tudu- Tro- Tro- Station zwischen sehr vollen Straßen im <3en Accra's kamen wir dann nach ca. 3 Stunden in Dzita an. Im Dorf stehen Betonhäuser auf riesigen Flächen verwehten Strandsands, Buden sind meist einfach aus zusammengefügten Palmenblättern gebaut. Umgeben ist der Küstenstreifen von Lagunen. Am Strand haben sich mehrere Salzwasserseen gebildet. An einem davon war dann die "Meet me there" Lodge gelegen. Aus kostengründen haben wir uns für die billigeren Hütten ohne Strom entschieden. Wie sich herausstellte, so denke ich zumindest, die bessere Wahl. Wir wohnten also in kleinen Hütten aus Palmenblättern in denen jeweils für 2 oder 3 Leute Platz war. Sie standen genau am Strand, sodass wir genau hinter ihnen ins Meer oder genau vor ihnen in den Salzwassersee springen konnten, der uns vom Rest der Lodge trennte. Nachts wurden kleine Petroleumfackeln am Seeufer und kleine Lampen in den Hütten angezündet. Gegessen und abends getrunken wurde auf einer Plattform über dem See, von der auch in den See gesprungen werden kann.


Eines der Argumente für einen Trip nach Dzita ist der, dass an dessen Strand vermehrt Meeresschildkröten "nisten". Und so haben wir schon in der ersten Nacht eine metergroße Leatherback- Schildkröte nach der Eierablage auf ihrem umständlichen Weg zurück ins Meer begleitet. 


Oft werden die Schildkröten von Dorfbewohnern auf den Rücken gedreht gefunden. Durch die Mitarbeiter der Lodge, die gleichzeitig für den Schutz der umliegend Eier legenden Schildkröten zuständig sind, und neugierige " Urlauber" kann glücklicher Weise oft interveniert werden, wenn Dorfbewohner schneller bei der Schildkröte sind. Denn hier, genauso wie an vielen anderen Stränden auf der Welt, an die die Meeresschildkröten kommen, werden Fleisch und Eier als gratis Nahrungergänzung genutzt. Problem dabei ist nur, dass die Populationen dieser Tiere weltweit so stark zurückgegangen sind, dass sie stark vom Aussterben bedroht sind. Dazu kommt, dass sie sich nützlicher Weise von Quallen ernähren, die sich wiederum von heranwachsenden Fischen ernähren. Werden also die Schildkröten getötet, fressen mehr Quallen mehr Fische. Eine verheerende Kausalkette; allerdings ist den Fischern weltweit  kaum bekannt oder verständlich, dass sie sich damit ihre eigene Existenzgrundlage weg"naschen". Diese Schildkröte wurde aber glücklicher Weise durch neugierige Urlauber gerettet und schwimmt nun wieder durch den Atlantik. Die kleinen Dudes werden ihr hoffentlich im März folgen.
Am zweiten Abend haben die Lodgemitarbiter in der Nacht ca. 20 min. entfernt eine weitere Schildkröte gefunden und ihre Eier dann vor den Hütten, in denen wir schliefen, eingebuddelt. So sind auch Diese bis sie schlüpfen vor Dorfbewohnern und hungrigen Hunden geschützt. 




Alles in allem war das wieder ein sehr schönes Wochenende. Die Entspannung; und ja, das mag vllt. ein schäbiges Argument sein; haben viele ruheverwöhnte Freiwillige nach stressigen Arbeitswochen mit sehr grob formuliert, Horden schreiender Kinder in Schulen und nahezu täglich etlichen schweren Fällen in Krankenhäusern doch wirklich nötig.






Im nächsten Beitrag berichte ich euch über meine Arbeit, Weihnachten und Silvester auf ghanaisch und über den letzten Trip zum Wli- Wasserfall, dem höchsten Wasserfall Westafrikas.