Mittwoch, 10. Juli 2013



Ein kleines- deutlich verspätetes- Resümee über die Nordenreise, die ich im April mit 3 Freunden gemacht habe. Innerhalb der 11 Monate des Freiwilligendienstes haben wir, deren Einsatzstellen Krankenhäuser sind, insgesamt 4 Wochen Urlaubszeit. An Wochenenden reisen wir immer nur so weit, wie es uns die 2 freien Tage erlauben. Deshalb war klar- in den 2 geplanten Wochen Urlaub müssen wir alles abklappern, was sehenswert und zu weit weg für Wochenendreisen liegt. Die Route sollte mit einer 24-stündigen Fährfahrt über den Voltasee beginnen. Vom letzten angefahrenen Hafen in Yeji( auf der Karte im Norden des Sees, da wo eine rote Linie vom Wasser nach Tamale führt) wollten wir dann nach Tamale- Hauptstadt der Northern Region, Bolgatanga- Hauptstadt der Upper East Region, Wa- Hauptstadt der Upper West Region, zum Mole Nationalpark und schließlich über Kumasi- Hauptstadt der Ashanti Region zurück in die Heimaten fahren.




Schließlich kam's dann doch anders als geplant.

Voller Vorfreude am Hafen in Akosombo ankommen, realisieren wir schnell, dass zum Fahren mit einer Fähre die Fähre selbst fehlt. Also hastig mit semi-guter Laune wieder zurück zur Tro- Tro Station, denn Zeit ist Tageslicht und Tageslicht ist Sicherheit, zumindest was Tro- Tro- Fahrten und Großstädte anbelangt.Warum Sicherheit? Weil Tro- Tro- Fahrer oft keinen richtigen Führerschein haben, meist viel zu schnell und schrecklich fahren- in Kurven, in die man von Anfang an auf der Gegenfahrbahn fährt gibt man einfach weiter Gas, überholt wird davor auch noch und erst recht am Berg. In der Stadt weil Überfälle eher nachts auf leeren Straßen passieren.

Zwar nich auf Deck einer Fähre, aber dafür schneller

Gegen 22 Uhr erreichen wir mit viel Glück Kumasi- und das über eine mehrere hundert Kilometer lange Autobahn, von deren Existenz niemand von uns wusste.

Nach einer unglaublich kurzen Nacht im Hostel müssen wir um 4.00 Uhr morgens an der Station für " MMT"- Langstreckenbusse sein. Vollkommen zerknautscht finden wir uns auf nummerierten Plastikstühlen, deren Ordnung leider nur vorgetäuscht scheint, wieder. Dafür, so wie ich dieses Land mag, muss man nicht etwa warten bis der nächste Bäcker öffnet, sondern wartet einfach, bis eine Verkäuferin mit dem passenden Essen im Kasten auf dem Kopf vorbei läuft.
Versorgt mit Egg-Bread( gebratenes Ei im Toast) und Ananas haben wir immer noch nicht die Sitzordnung verstanden und springen bei jeder Bewegung der Gruppe vor dem "Bolga"- Schild hektisch auf um nicht die letzten am Ticketschalter zu sein. Ursprünglich wollten wir zuerst nach Tamale, aber durch die schnelle Fahrt nach Kumasi etwas langstreckenmutiger gewoden, wollen wir den weg nach Bolgatanga wagen. Durch einen glücklichen Zufall wird die letzte Reihe im Bus nach Bawku, einer Stadt im äußersten Osten, frei. Wir können für 20 Cedi statt 18 mit dem Bolgatanga- bis "Bolga" mitfahren.
Durch die verstaubten Scheiben beobachten wir, wie sich die Landschaft von Regenwald zu Savanne wandelt, die Hütten in den Dörfern  eine Rundform annehmen und die strahlend hellgrünen kleinen Bäume an Abstand zueinander gewinnen, bis sie schließlich nur noch sporadisch in der braunen, trockenen Strauchsavanne stehen. Meist sind diese trockenheitsbeständigen Bäume knorrige Baobabs. Wir überqueren erst den Schwarzen und dann den Weißen Voltafluss- unsere wenigen Anhaltspunkte auf der Landkarte. Entgegen der Prophezeiungen anderer Freiwilliger bleibt die Straße gut- sogar frisch- geteert und schon am Nachmittag können wir die Zimmer eines kleinen Guesthouses im Stadtzentrum beziehen.

Grün wird zu..


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Bolgatanga, von den Einwohnern liebevoll " Bolga" genannt, ist eine nich allzu große, charmante Stadt, mit motorradüberfluteten Straßen. Der Rand der Hauptstraße ist gesäumt von lebensgroßen weißen Statuen in Jesus oder Maria- Form. Wie im Süden laufen jede Menge Tiere durch die Straßen, allerdings gesellen sich zu Schafen und Ziegen auch Esel und deutlich größere Kühe mit dromedarähnlichem Höcker zwischen den Schulterblättern. Am Abend beobachten wir zu unserem Erstaunen 2 dieser Kühe dabei, wie sie gemächlich und ungestört vom Rot der Ampeln über eine große Kreuzung wandern und dann irgendwo zwischen den Motos verschwinden.
Das war zwar nicht in der Innenstadt, aber es sind Kühe.. auf einer Straße..

Den ersten Tag wollen wir zum Besuch eines Schreins nutzen. Dazu leihen wir uns " Scooters"- kleine Motorräder- aus, mit denen wir zu unserem Ziel fahren. Begleitet werden wir vom Guide Rash, der neben ghanaweiten Touristenführungen auch eine Organisation errichtet hat. Nach kleinen Fahrübungsrunden auf dem Schotterweg vor unserem Hotel und nachdem dabei ein Steinhaufen dem Vorderrad eines Scooters weichen muss, machten wir uns auf den Weg in eine atemberaubende Felslandschaft, bei der jeder Fels mit Präzision auf den Anderen gestapelt scheint. Wissenschaftliches Interesse wird schnell von Religion ausgebremst- auf die Frage nach der Ursache für die Steinanordnung hören wir " God created it like this"- Gott hat es eben so erschaffen.

Im Dorf angekommen, besuchen wir den Chief in seinem Haus. Er lebt mit seinen über 20 Frauen, deren Kindern und weiteren Verwandten in einem riesigen Compound. Einzelne Zimmer der Bewohner, Kochplätze und Getreidespeicher säumen das Bild. Ersteinmal gehen wir aber zum Hausherrn, der uns auf Tallensi begrüßt und nach dem Ergründen unserer Herkunft und des Aufenhaltsgrundes seine Erlaubnis für die Besichtigung erteilt- der Guide übersetzt wechselseitig.
Am Hintereingang sitzen Männer im Schatten eines Baumes und spielen Karten. EIn angebundenes Pferd steht links und vielleicht 2 dutzend Motorräder rechts von ihnen. Was unsere Aufmerksamkeit aber eher auf sich lenkt sind die flach-zylindrischen Ahnengräber vor dem Eingang, die vom Priester für Gebete mit Tierknochen, Schädelteilen und Federn geschmückt sind.
Ein Schrein, der eigentliche Grund unseres Besuchs, befindet sich einen kurzen Fußmarsch vom Compound entfernt in einer Höhle, zu der wir über mehr oder weniger gut begehbare Felsen aufwärts steigen. Kurz bevor wir ans Ziel gelangen hält unser Guide an, um uns auf die Pflicht hinzuweisen, den Schrein ausschließlich in unserer Hose, die wir dazu auch noch zu den Knien hochkrempeln müssen, zu betreten. Um einige Kleidungsstücke leichter betreten wir dann den schmalen Felsspalt, der zu einer Höhle führt, in der der Geist der Gottheit Ba'ar Tonna'ab Ja-are "lebt".  Ein Vetreter des Priesters beantwortet dort unsere Fragen zum Geist und zeigt uns ein wenig herum, in dem Felsspalt, in dem er platzgenommen hat. Probleme, zu deren Lösung der Geist und dessen Priester normalerweise Konsultiert werden, können wir allerdings nicht lösen lassen, da wir kein Opfer, also beispielsweise ein Perlhuhn mitgebracht haben.



Den zweiten Tag in Bolga wollen wir nutzen, um zur Grenze Burkina Fasos zu fahren. 3 weitere Freundinnen stießen am Abend zu unserer Gruppe und nun sind wir zu acht( mit Guide) auf 4  Roller und 3 Helme verteilt. Nachdem ich der ein oder anderen Panikattake durch den ghanaischen Verkehr knapp entgehe, gelangen wir zum Krokodilsee von Paga an der Grenze. Die Menschen hier glauben daran, dass die Seelen ihrer verstorbenen Ahnen in den Krokodilen weiterleben und so gehen sie problemlos dort Baden, wo uns mittelgroße, angsteinflößende Krokodile entgegenschleichen. Von den Mitarbeitern mit einem gezielten Sandwurf in die Augen verschäucht, gehen wir zum eigentlichen Ziel, dem fast 100 Jahre alten Herren, der sich mit offenem Maul am Ufer sonnt. Jeder von uns 7 darf sich mal auf den Rücken setzen und den Schwanz hochheben. Danach wird noch ein Hähnchen gezielt in den Rachen eines der unsympathischen, heimlich und -tückisch auf uns zu schleichenden Krokodile geworfen.

Vom See fahren wir nur wenige Minuten bis Burkina Faso. Da wir allerdings keine Ghanaer_innen sind und somit eine Visumspflicht haben, dürfen wir nur den beidseitig eingezäunten Bereich zwischen Ghana und Burkina besichtigen.

Nach dem Grenzbesuch treten wir den Heimweg an. Da wir noch etwas Zeit bis zum Sonnenuntergang haben, schlägt unser Guide Rash vor, noch zu ein paar Dörfern zu fahren. Mit Hilfe von Spenden unterstützt er dort vor allem den Bau von mehrere Dollar teuren Bohrlöchern in Gemeinden mit schlechtem Wasserzugang. Eine Pumpe ermöglicht es den Dorfbewohnern, unabhängig von Trocken- oder Regenzeit an sauberes Wasser zu gelangen. Eine Rille führt verschüttetes Wasser in ein kleines Becken, das als Tränke für Tiere dient.
Wir fahren also von der Hauptstraße ab, um hinter einem Parcours durch Bäume zum ersten Brunnen zu gelangen. Rash erklärt uns die Funktionsweise, die Dorfbewohner mustern uns teils skeptisch und teils interessiert. Ein Mann kommt mit einer Karte, auf der eine weiße Frau abgebildet ist zu einer der Voluntäre und fragt, ob sie diejenige sei, die darauf zu sehen ist.. Diese Weißen sehen eben alle irgendwie gleich aus. Nachdem wir unseren Durst mit Brunnenwasser gestillt haben, machen wir uns auf den Weg zum nächsten Dorf. Hier finden wir uns schnell in einer ähnlichen Situation wieder. Die Dorfbewohner, die eben noch irgendwo beschäftigt waren, versammeln sich in einer großen Gruppe auf einer Seite des Brunnen. Wir Voluntäre kommen von der gegenüberliegenden Seite dazu und schon stehen sich wieder zwei Gruppen gegenüber und mustern einander. Als der Bürgermeister dazukommt, heißt er uns freundlich in akzentfreiem Englisch willkommen. Anschließend beantwortet er geduldig Fragen die wir zum Brunnen, dem Dorf, der Lebensweise in den Lehmhütten etc. stellen. Die Stimmung lockert sich und als wir gehen wollen sagt jemand, dass die Leute uns gerne einen Tanz zeigen würden. Schon stellen sich die Frauen und Kinder in einem Kreis zusammen um uns zu zeigen, wie in den Dörfern der Upper East Region getanzt und gesungen wird. Abwechselnd betreten alte Frauen, junge Frauen und Kinder die Kreismitte, um unter Jubeln die schnellsten Tanzschritte zum Besten zu geben. Die Stimmung ist ausgelassen, erstrecht als wir in kleinen Gruppen mittanzen. Da es dunkel wird, müssen wir allerdings nach einigen Minuten aufbrechen.

Am Abend dann die große Frage- wohin fahren wir morgen? Ich will an der Nordgrenze entlang nach Wa- zum Nilpferdreservat und unter freiem Himmel im Park an der Grenze nach Côte d'Ivoire schlafen; danach dann zum Mole. Zu weit, zu umständlich- die Jungs wollen gleich zum Mole Nationalpark- endlich die Elefanten sehen. Aber dann früh nach Tamale und noch am selben Tag weiter? Oder später nach Tamale...? Diskussion, Unklarheit. Zum Glück gibt es unnötige App's. Eine davon befindet sich auf meinem Handy und wartet schon lange auf ihren großen Tag- wir zogen also virtuelle Streichhölzer. Und ich verlor. Kein Wa, keine Nilpferde. Morgen fahren wir nach Tamale, sehen uns in der Stadt um und am nächsten Morgen machen wir uns dann auf den Weg zu den Elefanten.

Anders als geplant können wir in Tamale nicht viel machen. Es fängt abends an zu regen und will partout nicht mehr aufhören. Am nächsten Vormittag sitzen wir im MMT- Bus, um die beschwerliche, Magen strapazierende Fahrt auf einer Sandpiste, die einen Zubringer von Tamale mit dem Mole Nationalpark verbindet, hinter uns zu bringen. Überall werden wir an Baustellen vorbeigeschüttelt. Die Straße soll neu gebaut werden, was unsere Fahrt leider nicht angenehmer macht. Wir erreichen die Grenzen des Parks im Sonnenuntergang und sehen die Kinder eines Dorfes, wie sie ungestört von den umherstehenden Warzenschweinen mit einem Weißen auf dem Bolzplatz toben. Antilopen springen zwischen den Häusern umher, Paviane jagen einem Mädchen mit  vollen Einkaufstaschen hinterher. Ich traue meinen Augen kaum.
Das Hotel in dem wir die folgenden 2 Nächte verbringen werden, steht mitten im Nationalpark auf einem Berg. Vom Fenster unseres 4-Bettzimmers sieht man auf ein hellgrünes Blättermeer.









Die Führung beginnt um 7 Uhr morgens, prompt. Vor unserem Hotelzimmer pausieren Pavianfamilien und knien Warzenschweine, um zu fressen. Die von einer Touristin gerade gekauften Frühstückscookies werden ihr in einem geschickten erst-anschleichen-dann-rennen-und-auf-den-Überraschungseffekt-hoffen-Pavian- Essenbeschaffungsmannöver wieder entrissen. Den Rest der Paviangruppe skeptisch beäugend gehen wir weiter ins Dorf, dort sollen nämlich ab und zu Elefanten zu finden sein. Und tatsächlich haben wir Glück- wir treffen trotz begonnener Regenzeit schon nach einem kurzen Fußweg auf eine Elefantenherde, die sich die Jungbäume vor einer Chopbar schmecken lässt. Eigentlich, wird uns gesagt, wandern die Elefanten mit dem Ende der Trockenzeit weg vom Hotel und tief in den Park. Von uns ungestört ziehen sie langsam vorbei- nur wenige Meter entfernt. Nachdem wir sie einige Zeit lang beobachtet haben, steigen wir den Berg zum Park hinunter. Wir sehen ein Krokodil, dass sich am kleinen Wasserloch sonnt, etliche Antilopen und Buschböcke, Warzenschweine, einige bunte Vögel und schließlich wieder die Elefantengruppe, die nun Abkühlung im großen Wasserloch sucht.

Am Nachmittag machen wir eine zweite Tour und sind, ausgenommen der Touris, die das Auto verpasst haben, die Einzigen, die sich nicht die teuren Autosafaris leisten. Die Sonne prasst erbarmungslos auf uns herab, der Guide ruft uns von Zeit zu Zeit fingerzeigend Tiernamen zu- auch mit größter Mühe können wir meistens nur wackelnde Äste sehen. Aber plötzlich stehen wir einer Herde von Büffeln gegenüber.Nachdem der Guide uns aufgeregt erklärt, dass er sie maximal 1 Mal monatlich antreffe, erwähnt er geradezu beiläufig, dass diese Tiere recht aggressiv seien- unter den Blicken der in unsere Richtung wie angewurzelt stehenden Büffel, die den Flüchtenden den Rücken decken. Danach sollen wir noch in die Kampfszenerie zweier Antilopenmännchen platzen. Als sie uns bemerken und auseinander gehen, ruft der Wildführer ihnen professionell "Fight! Fiight!" -Kämpft! - zu.


Damit ihr keine viereckigen Augen bekommt, spar' ich mir den Rest der Reise für den nächsten Eintrag auf. Dann schreib ich über Tamale, was die Regenzeit mit so einer Reise anstellt, die sich verselbstständigende Planung für die "Affen-Dörfer" Buabeng und Fiema und über unsere Eindrücke von Kumasi, Hauptstadt der Ashanti- Region..

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