Begegnet ihr jemals einem Ghanaer oder einer Ghanaerin, findet dies auch heraus und er oder sie spricht dann auch noch Twi, könnt ihr folgendes sagen:
( Einige Buchstaben gibt es auf meiner Tastatur leider nicht also schreib ich in ner Twi- Deutsch- Mischung. "c" ist wie im russischen ein scharfes "s"... wobei das "s" eigentlich immer scharf ausgesprochen wird..)
Äte säin? .. zur Begrüßung ein: "Hallo, wie geht's?"
Äyä! /Mee hoje! .. könnten hier die Antwort sein: "Gut!" also.
Na uo suä? .. fragt man dann zurück: "Und wie geht's dir?"
Mee cu meehoje. / Mee cu äyä. "Mir geht's auch gut."
So würdet ihr zwar noch keine philosophisch- tiefgründige Unterhaltung führen, hättet aber schon einen Freund oder eine Freundin mehr. Die Ghanaer_innen freuen sich nämlich meist schon über ein einziges Wort ihrer Sprache, das über Oburoni- Lippen geht, wie Schneekönige.
Okay,ich schweife wieder ab. Was auf der Arbeit selbst geschieht ist leider weniger erfreulich.. Wie ich im Dezemberbericht schon geschrieben habe, haben wir leider wenig technische Ressourcen, um Patienten akkurat untersuchen zu können. Immerhin gibt es ein Labor mit einem Gerät, das vollautomatisch Blutbilder erstellen kann. So haben wir eine kleine Hilfe bei der Diagnostik die wir auch grundsätzlich nutzen. Ansonsten beschränken wir uns auf ein Blutdruckmessgerät mit der normalen Messeinheit mmHg= Millimeter Quecksilbersäule. Besonders daran: wie sonst nur aus Krankenhaus- es- war- einmal- Mythen bekannt, werden tatsächlich die Millimeter, die Quecksilber in einer Säule aufsteigt, gemessen. Andere Stationen nutzen allerdings schon elektronisch- digitale. Hier machen sich mal wieder die Unterschiede, die mich in Ghana immer wieder in Staunen versetzten, deutlich. Außerdem haben wir digitale und Quecksilberfieberthermometer und ein Markenstetoskop, das leider nur zur Blutdruckmessung verwendet wird. An Patienten mit Asthma, Brustschmerzen oder schlimmstenfalls Atemstillstand wird es nie von den Schwestern und Pflegern genutzt. Zum Messen von Blutzuckerspiegeln haben wir dann noch ganz normale Blutzucker Messgeräte, wie sie auch in westlichen Krankenhäusern genutzt werden.
Patienten werden nach Unfällen leider nur dort behandelt, wo offensichtlich auch Schaden besteht. Wunden werden genäht, Infusionen werden gegeben. Das Röntgengerät wird, wenn auch vorhanden, von der Notaufnahme nicht genutzt. Auch wenn jemand aus mehreren Metern von einer Palme fiel, wird er, vollkommen neben sich stehend vor Schmerz, wegen eines blutenden Zahns zum Klinikzahnarzt geschickt. Schließlich hat er keine anderen offensichtlichen Verletzungen; leider auch weder die staatliche Krankenversicherung noch die 20 Cedi( = ca. 8,30 € )für eine Röntgenaufnahme. In solchen Fällen, in denen mir Dinge wie Kieferfraktur, innere Blutungen etc. einfallen, und ich dabei zusehe, wie ein schwer verletzter Patient zum Zahnarzt geschickt wird, merke ich deutlich die Unterschiede zwischen deutschem Gesundheitssystem und Diesem. Welcher Behandelnde würde sich in Deutschland schon trauen einen Patienten in diesem Zustand zum Zahnarzt zu schicken und welchem imaginären Patienten würde da nich "den würde ich verklagen" einfallen..?
Was so etwas betrifft, ist die Arbeit manchmal ernüchternd. Sehe ich dann aber wiederum ein 5jähriges Mädchen, das, nachdem es von einem Taxi überfahren und mehr tot als lebendig aussehend zu uns getragen wurde, nach nur einer Woche von der Station nach Hause gehen, dann bin ich sowohl überrascht als auch überglücklich. Bedenkt man, dass dieses Mädchen auch in Deutschland mit allen MRTs, CTs usw. eher schlechte Chancen gehabt hätte.
Genug von der Arbeit, denn schließlich habe ich im Dezember nicht nur gearbeitet, sondern auch Geburtstag( wie ihr schon wisst), Weihnachten und Silvester gefeiert.
Weihnachten
Da es besonders im Süden Ghanas( ..in dem ich lebe..) viele Christen gibt, werden natürlich auch christliche Feste zelebriert. Die ohnehin sehr gläubigen und Kirchentreuen Ghanaer_innen nutzen dieses Fest, das anders als in Deutschland offiziell am 25. beginnend gefeiert wird, um wie so oft in die Kirche zu gehen. Manche zieht es schon am Abend des 24. in die Kirche, um sich in Echtzeit minus x Jahre die Geschichte der Geburt Jesu erzählen zu lassen, andere gehen am 25. und 26.. Wer hier, so wie ich, im westlich materiellen Sinne auf eine "Bescherung" wartet, wird dies vergeblich tun. Im Grunde genommen ist Weihnachten hier eine Zeit, in der Mensch sich auf seine Religion besinnt, an die Geburt Jesu Christi erinnert und mit leckerem Essen Zeit mit seiner Familie verbringt( wie in Deutschland reisen ältere und jüngere Kinder zu ihren Eltern).
Meine Gastmutter und 2 meiner 3 Geschwister nach dem Weihnachtskirchenbesuch |
Mein kleinster Bruder und ich |
Als ich noch etwas fassungslos in der Tür stand, wurde mir mit einem "Here Oburoni, take your Oburoni- Chicken" eines der Weihnachtshühner überreicht. Noch ziemlich perplex suchte ich also schnell für ein Zu hause für "Ken", wie wir ihn später nannten. Die meisten Kollegen hatten ihr Chicken in einer schwarzen Plastiktüte verstaut, in die sie ein Loch für den Kopf rissen. Da ich meinem Chicken nicht dem gleichen Schicksal überlassen wollte, besorgte ich die größte Pappbox, die ich auftreiben konnte und besorgte ihm ein Gefäß mit Wasser. Amüsiert von meinem Engagement für die Unterkunft eines einfachen Hähnchens, schnitt der Hühner- Verantwortliche mit seiner Machete rundherum Löcher in die Box und gab mir eine Hand voll Futter. Unsicher darüber, was ich nun mit meinem lebendigen Geschenk anfangen sollte, ging ich nach Hause. Von meinem ersten Impuls ihn auszusetzen wurde mir mehrfach abgeraten, weil es dann höchstwahrscheinlich trotzdem sterben würde; wenn auch durch einen Hund oder ein Taxi. Also überreichte ich Ken meiner Familie, die sich sofort das beste Gericht ausdachte, das ihnen bei seinem Anblick einfiel. Mit Hoffnung auf Kens Überleben erklärte ich, wie praktisch es doch wäre, eine Henne zu besorgen und Eier statt Huhn zu essen.
Am nächsten Tag fuhr ich nach Accra; und als ich nachhause kam, gab es Fufu mit Erdnusssauce... und Huhn..
Ken- R.I.P. |
Die Zeit nach Weihnachten bis Silvester habe ich mit anderen Freiwilligen in einer Lodge am Strand von Kokrobite bei Accra verbracht. Wir waren viel am Meer, haben lange geschlafen( in der Woche und am Wochenende stehe ich zu Huase gegen 6 Uhr morgens auf) und haben uns generell eine entspannte Zeit gegönnt.
Silvester
Da wir wussten, dass unsere Gastfamilien am Silvesterabend bis morgens zwischen 2 und 4 Uhr in der Kirche sein würden, beschloss die Mehrheit der Freiwilligen, zusammen im Resort unserer NGO "ARA" am Strand bei Kokrobite zu verbringen. Wir feierten also mit vielen Oburonis auf der Dachterasse zu einer selbst zusammengestellten Playliste, die von einem ghanaischen DJ ungekannt und unverstanden mit ghanaischen Liedern gespickt und verkürzt wurde; sahen uns die leider etwas kläglichen und dennoch schönen zuvor gekauften Feuerwerke an und genossen ein Silvester unter Palmen am Strand.
Wli- Wasserfall
Unser Taxifahrer mit vorliebe für gelbe Bauhelme.. Fahranfänger..? |
Unser Ziel.. |
So wachsen Ananas.. |
Oberer Wasserfall |
Blick auf unseren Start |
Fledermäuse |
Unterer Wasserfall |
Nach einigen Tagen Arbeit bin ich dann am letzten Wochenende, dem Ersten in 2013, zum Wli- Wasserfall gefahren. Er soll mit 60 m der höchste Wasserfall Westafrikas, zumindest aber ganz sicher Ghanas sein und liegt in der Voltaregion an der Grenze zu Togo.
Nach einer Nacht in Accra und der Suche nach der richtigen Tro- Tro Station sind wir in einem nahezu taufrischen Tro mit Aircondition und einem nicht funktionierenden Bildschirm gelandet. Ein nicht funktionierender Bildschirm ist zwar schade für die Ghanaer_innen, dafür umso besser für uns Freiwillige. Die anfängliche Euphorie darüber ist bei uns schnell gewichen, als wir immer öfter über mehrere Stunden hinweg schlecht gemachte ghanaische Filme mit genauso schlechten Inhalten und noch schlechteren Effekten in übermäßig lautem Twi anschauen mussten.
Jedenfalls sind wir nach ca. 5 Stunden und einer Taxifahrt mit einem Fahrer, der zum Spaß Bauhelme trägt, zum Agumatsa- Naturreservat gelangt, und haben hier einen entspannten Resttag im Hotel verbracht. Außergewöhnlich für uns, die im durchweg ziemlich warmen Süden leben, waren die Temperaturen am Abend und in der Nacht.
- In ganz Ghana herrscht momentan Trockenzeit. Es ist nicht nur wärmer, sondern wie sich jeder denken kann regnet es auch nicht mehr. Die Luft kommt nicht mehr mit ca. 75% Luftfeuchtigkeit aus dem Süden( also vom Meer), sondern mit nur noch 25% Luftfeuchtigkeit aus dem Norden. Außerdem addiert sich seit wenigen Wochen der Harmattan zur Trockenzeit. Dies bedeutet, dass mit Passatwinden aus der Sahara staubige Luft über Ghana geweht wird. Durch die in wenigen Monaten insgesamt mehreren Tonnen feinen Staubes werden die Tage trüb, die Sonnenstrahlen werden morgens und abends deutlich abgeschwächt( während die Sonne "typisch afrikanisch" fast rot wirkt), der Himmel ist manchmal etwas bräunlich und außerdem ist es nachts kälter als in der Regenzeit( die Unterschiede werden merklicher, je weiter man in den Norden oder in höher gelegene Gebiete kommt.-
Da wir uns während des Harmattans, relativ nördlich und hoch gelegen befanden, haben wir tatsächlich ungewohnter und -erwarteter Weise gefroren.. Wir schätzten gegen 20 Uhr 15- 17°C.. Vielleicht waren es auch 23.. Jedenfalls waren wir nicht auf solche Kälte vorbereitet.
Am Morgen machten wir uns dann zum Wasserfall auf. Er besteht aus 2 Stufen; die untere ist leicht erreichbar, zum oberen Wasserfall muss man den steilen Berg auf einem teilweise rutschigen und schmalen Pfad erklimmen. Wir hatten schon vorher entschieden, den schweren Weg zu wagen und so kletterten wir, geführt von einem Guide und gestützt von einem vor Ort geschlagenen Wanderstock 1,5 Stunden lang zum oberen Wasserfall. Auf dem Weg überquerten wir den vom Fall kommenden Agumatsa- Fluss über 12 kleine Brücken und führte uns zur unsichtbaren Grenze zu Togo. Das klettern war für mich als Sportmuffel nicht allzu einfach aber trotzdem okay und es hat sich wirklich gelohnt. Nachdem wir im kleinen oberen, unglaublich kalten See gebadet und uns mit Cookies gestärkt hatten, gingen wir zur unteren Stufe. Diese war eigentlich noch schöner aber croudeter. An der steilen Felswand links und rechts des fallenden Wassers hingen und flogen hunderte oder tausende Fledermäuse( ich bin sehr schlecht im schätzen). Zum Abschluss gingen wir noch, so weit wir kamen, unter den kalten Wasserfall, während direkt vor uns ein großer Regenbogen zu sehen war und uns die kalten tropfen schon einige Meter zuvor auf Platzregenniveau ins Gesicht prasselten. Ein unvergesslicher Tag.
"Know your status, get tested"
Nachdem wieder eine Arbeitswoche in der Notaufnahme verstrichen ist, half ich am vergangenen Samstag einigen amerikanischen Peace Corps beim von ihnen organisierten Event " Know your status, get tested". So war die Stadthalle Agona Swerdus von 8 bis 15 Uhr Platz für Spiele, Filme und Gespräche zum Thema HIV und AIDS. Außerdem konnte sich, wer wollte, gratis testen lassen( was insgesamt ca. 100 Bürger_innen nutzten). Das mag nicht nach viel klingen aber ist für hiesige Verhältnisse wirklich gut. Ich kann schlecht nachvollziehen aber doch verstehen, dass Ghanaer_innen lieber nicht erfahren wollen, ob sie Infiziert sein könnten, da dies vor nicht allzulanger Zeit praktisch noch einem Todesurteil gleichkam. Mittlerweile kann ein oder eine HIV- Infizierte_r monatlich für 5 Cedi( ca. 2€) ins Krankenhaus kommen um untersucht zu werden und eine angepasste Therapie zu erhalten. So können Ghanaer_innen wie Betroffene auf der ganzen Welt ein "normales" Leben ohne AIDS führen. Durch fehlendes Wissen darüber und Angst bzw. ( gefürchtete) Intoleranz starben [2011] 17.230 HIV- infizierte Menschen an AIDS. Offiziell lebten im selben Jahr 225.478 Menschen mit HIV; darunter 30.401 Kinder, 100.336 Männer und 125.141 Frauen. Die Central Region, in der sich auch Agona Swerdu befindet, hat die landesweit höchste HIV- Rate mit fast 10% Bevölkerungsanteil.
Soviel zu den Fakten. An diesem Tag habe ich Statistiken aufgestellt, mit Kindern Infektions- Risiko/ kein Risiko- Spiele gespielt, Menschen auf der Straße dazu bewegt, teilzunehmen, einigen teilweise viel älteren Männern erklärt, warum und wie Männer- und Frauenkondome( Femidome) anzuwenden sind, eine Menge eben dieser verteilt; und noch mehr rote Schleifen vergeben.
..beim Quizz für richtige Ernährung |
How to.. |
2 meiner Kolleginnen der HIV- Abteilung des Krankenhauses |
( Falls ihr wissen möchtet, was Frauenkondome sind: http://de.wikipedia.org/wiki/Femidom)
Der nächste Bericht kommt hoffentlich im Februar; geplant ist bis dahin ein Besuch der Shai Hills nördlich von Accra, in denen Paviane und Antilopen leben sollen; der Besuch der Sklavenburg in Cape Coast und eine Übernachtung in den Baumwipfeln eines Regenwaldreservats, des Kakum National Parks.
Abena Lisa Adaletey
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