Montag, 14. Januar 2013

Afeshia pa! Frohes neues Jahr euch allen..!



Mal wieder gibt's viel zu erzählen, da seit dem letzten Bericht ja wieder gut 1 Monat verstrichen ist; und zwar über die Wahlen in Ghana, meinen Geburtstag hier, Weihnachten, Silvester und einige Reisen.
Ich fang einfach mal chronologisch an. Die Wahlen vom 07.12.2012( Freitag) hat die regierende Partei NDC mit John Mahama als Präsident gewonnen. Beide potenziellen Präsidenten der NDC und NPP lieferten sich ein Kopf an Kopf rennen, bei denen beide Kandidaten ca. 50% der Wählerstimmen bekamen, Mahama dann aber mit ca. 3% Vorsprung gewann.
Generell finden die Wahlen zwar unter gleichen Bedingungen wie in Deutschland statt, vom Wahlgeheimnis zum Beispiel machen die Ghanaer_innen nicht allzuviel Gebrauch. Schon Wochen vorher zelebrierten die Anhänger in Farben, mit Fahnen und Shirts ihrer favorisierten Partei selbige auf den Straßen, indem sie mit Musik und Pfeifen durch die Straßen tanzten oder fuhren. Besonders in der Wahlwoche habe ich praktisch überall, auf der Arbeit, dem Heimweg oder aus der kleinen Kneipe vor meinem Fenster aufgeregte Diskussionen auf Fanti gehört, deren Inhalte sich anhand von "NPP" und "NDC" erahnen ließen.
Die Wahl selbst begann ziemlich früh am Morgen. Hier trafen ghanaische Gelassenheit, Termindruck und Technik aufeinander. Da in den vergangenen Jahren oft mehrfach gewählt wurde, sollte dies nun mit mehreren Mitteln verhindert werden. Zum einen musste sich jede_r Wähler_in im Vorfeld mit einer Wählerkarte registrieren lassen. Diese war mit einem Strichcode versehen und wurde direkt vor der Wahl maschinell eingelesen. Außerdem mussten Alle auf der Liste ihres Wahllokales vorher dokumentiert und bei Erscheinen ausgestrichen werden. Weiterhin wurden sie vor dem Wählen mit Farbe am kleinen Finger markiert und mussten ihren Fingerabdruck in ein kleines Gerät dafür abgeben. Eigentlich fast klar, dass sich in dieser Vielzahl von Maßnahmen Fehler einschleichen würden und dass das Prozetere die Stimmabgabe ziemlich in die Länge ziehen könnte. So kam es dann, dass die Maschinen zum Einlesen des Fingerabdruckes vielerorts nicht durchgehend funktionierten, dass sich einige nicht in den Wählerlisten vermerkt fanden und dass auch spät abends in einigen Orten noch Menschentrauben vor den Wahllokalen und -zelten an standen. Letztendlich waren die Stimmen dann mit leichter Verzögerung am Sonntagabend um 22 Uhr ausgezählt. Mit der Ergebnisverkündung wurde der eigentlich zu stille Abend dann plötzlich zu einer spontanen Straßenparty mit Tröten, Pfeifen, Autokorsos und lauter Musik. In Deutschland vergleichbar mit dem Geräuschpegel, den es in größeren Städten beim Gewinn eines Fußball- EM oder WM Spieles gibt.
Trotzdem wurden im nachhinein einige Stimmen über Wahlmanipulation laut und noch einige Tage nach den Wahlen fanden in Accra deshalb Proteste statt, die von einem imposanten, teilweise wohl schwer bewaffneten Polizeiaufgebot bewacht wurden.
Trotzdem verlief die Wahl in Ghana sehr ruhig und friedlich, auch wenn den NPP- Wählern am Montag deutlich die Enttäuschung anzusehen war.

Geburtstag
Obwohl ich für meinen Geburtstag ein Übergießen mit jeglicher Art von Wasser prophezeit und noch mehr gefürchtet habe( ich wasche ja meine Wäsche per Hand und bin semi-begeistert von mehr Wäsche als ohnehin schon), konnte ich der Tradition geschickt entkommen. Den Abend vor meinem Geburtstag habe ich im Haus einer Freundin verbracht, die einige Minuten von mir entfernt wohnt. Ihre Gastfamilie hat ein großes Haus mit einer kleinen Backstube und einem Shop in dem eigentlich alles essbare zu erstehen ist. Die ca. 15 Kinder mit denen ich im Compound lebe fragen mich regelmäßig, ob ich ihnen nicht mal Süßigkeiten schenken wolle( jap, die Kinder drücken ihre Wünsche hier sehr direkt aus). Also hab ich mich entschlossen Kuchen für alle meine "Mitbewohner" von jung bis alt zu backen. Und welcher Anlass wäre dafür passender als mein Geburtstag..? Also haben Kamala, ihr neuer Mitbewohner und Lehrerassistent Valentin und ich in meinen Geburtstag reingebacken. Es gab Milo- Kuchen( modifizierter Marmorkuchen mit Nestle´Malz- Kakao den es hier überall zu kaufen gibt) und Ananaskuchen. 



















Kuchen, Schweizer Schokolade und eine Bauchkette
Gegen 12 haben wir 3 dann mit einem Rotwein
( beschriftet mit: Spanischer Wein, ausschließlich zum Export nach Kanada; manchmal schon seltsam, wie und woher die Dinge nach Ghana kommen..) und einem Milo- Herzform- Kuchen zum durch schlechte Verbindung etwas stockenden " Happy Birthday" von Stevie Wonder angestoßen. Am nächsten Morgen bin ich dann mit einer großen, zur Tarnung mit etlichen Plastiktüten umhüllten, kuchengefüllten Box zur Arbeit gefahren( Tarnung da Ghanaer_innen ja sehr gern essen und ich den Kuchen ja abends an ca. 30 Leute verteilen wollte). Da mein Oburoni- Kollege, Matthias, mir ein Glas Nutella schenkte, haben meine Kollegen der Notaufnahme dann von meinem Geburtstag erfahren und laut klatschend " Happy Birthday"( in der 2. Strophe " How old are you now?") inmitten unserer 3 von Magen- Darm- Grippe und Malaria geplagten Patienten gesungen. Ich denke immer noch leicht verstört an den zwar sehr lieben aber vom Geräusch erbrechender Menschen begleiteten Gesang zurück.
Am Nachmittag bin ich schnell nach Hause gefahren um zu duschen und mich für ein Treffen mit Freunden an einem Spot vorzubereiten. Zum Glück war der Compound bis auf 2 Leute noch leer, da alle anderen noch auf der Arbeit oder in der Schule waren. So wurde ich schon mal nicht übergossen. Als ich aus der Dusche stieg und Sarah, eines der Nachbarskinder, aufgeregt zu mir sprang um mir etwas u erzählen,  bemerkte ich ein kribbeln auf meinem rechten Fuß. Und wer saß da..? Zu meiner Freude und vielversprechend für ein neues Lebensjahr hatte es sich eine unglaublich große Kakerlake auf meinem Fuß bequem gemacht( vllt so 6 oder 7 cm lang). Das kuriose daran- ich habe weder vorher noch seitdem eine so große Kakerlake gesehen, geschweige denn auf meinem Fuß begrüßen dürfen. Nachdem ich dann von einem entspannten Nachmittag mit anderen Freiwilligen vom Spot zurückkam, bin ich schnell und unerkannt in mein Zimmer geflüchtet, um den dort versteckten Kuchen vorzubereiten. Als ich dann mit Diesem in der Hand auf den Compound trat und vorrausschickte: wenn ich übergossen würde, wäre der ganze Kuchen zerstört,war ich endgültig vor der unerwünschten Dusche gerettet.
Ansonsten gibt es neben dem Lied "Happy Birtday to you! [...] How old are you now? [...]" keine " exotischen" Geburtstagsbräuche. Gerngesehene Aktivitäten und Geschenke sind Ausgehen um zu essen oder etwas zu trinken. So wie wir in Deutschland vllt. zur Feier des Tages zu Restaurants internationaler Küche gehen, gehen wir hier also zu Spots, in denen typisch ghanaische Reisvarianten angeboten werden, trinken ein Bier oder eine Cola und genießen den Tag. Geschenkt wird also eben dieses Ausgehen oder etwas nützliches für den Alltag.
    


Am Wochenende nach meinem Geburtstag bin ich mit einigen Freunden zu meinem Wunschziel gereist. Es sollte nach Dzita, einem kleinen Fischerdorf in der Voltaregion, am Golf von Guinea, gehen. Da ich am Donnerstag sowieso nach Accra musste( durch ein kleines Missgeschick beim 12 Uhr- Biss in den Geburtstagskuchen musste ich leider zum Kieferorthopäden fahren), beschloss ich auch dort zu schlafen um am Freitag früher zur Voltaregion fahren zu können. Möchte man verreisen muss man nämlich oft in Accra umsteigen und dementsprechend dauert es am Wochenende meist mehrere Stunden um in die Innenstadt rein und genausolange um raus zu fahren. Nach einer Nacht in eher mäßiger Unterkunft beim billigen Jugendherbergs- Flair- Heilsarmee- Hostel mit geschlechtergetrennten 6- Mensch- Zimmern haben wir uns dann Freitag auf den Weg zum eigentlichen Ziel gemacht. Bevor wir die prophezeit 8- stündige Reise antraten, holten wir uns Egg and Bread an der Straße. Das Lieblingsfrühstück vieler Freiwilliger: gebratenes Ei mit Gemüse zwischen 2 angebratenen Weißbrotscheiben. Beim warten fielen uns die wohl bisher lustigsten Oburonis auf, sie saßen an der gegenüberliegenden Straßenseite( ich lade einfach mal das Bild dazu; im Sinne von Bilder sagen mehr als Worte) und aßen, Zigaretten rauchend, auf viel zu kleinen Stühlen Haferschleim.

...Accra Vice...



    
Von der Tudu- Tro- Tro- Station zwischen sehr vollen Straßen im <3en Accra's kamen wir dann nach ca. 3 Stunden in Dzita an. Im Dorf stehen Betonhäuser auf riesigen Flächen verwehten Strandsands, Buden sind meist einfach aus zusammengefügten Palmenblättern gebaut. Umgeben ist der Küstenstreifen von Lagunen. Am Strand haben sich mehrere Salzwasserseen gebildet. An einem davon war dann die "Meet me there" Lodge gelegen. Aus kostengründen haben wir uns für die billigeren Hütten ohne Strom entschieden. Wie sich herausstellte, so denke ich zumindest, die bessere Wahl. Wir wohnten also in kleinen Hütten aus Palmenblättern in denen jeweils für 2 oder 3 Leute Platz war. Sie standen genau am Strand, sodass wir genau hinter ihnen ins Meer oder genau vor ihnen in den Salzwassersee springen konnten, der uns vom Rest der Lodge trennte. Nachts wurden kleine Petroleumfackeln am Seeufer und kleine Lampen in den Hütten angezündet. Gegessen und abends getrunken wurde auf einer Plattform über dem See, von der auch in den See gesprungen werden kann.


Eines der Argumente für einen Trip nach Dzita ist der, dass an dessen Strand vermehrt Meeresschildkröten "nisten". Und so haben wir schon in der ersten Nacht eine metergroße Leatherback- Schildkröte nach der Eierablage auf ihrem umständlichen Weg zurück ins Meer begleitet. 


Oft werden die Schildkröten von Dorfbewohnern auf den Rücken gedreht gefunden. Durch die Mitarbeiter der Lodge, die gleichzeitig für den Schutz der umliegend Eier legenden Schildkröten zuständig sind, und neugierige " Urlauber" kann glücklicher Weise oft interveniert werden, wenn Dorfbewohner schneller bei der Schildkröte sind. Denn hier, genauso wie an vielen anderen Stränden auf der Welt, an die die Meeresschildkröten kommen, werden Fleisch und Eier als gratis Nahrungergänzung genutzt. Problem dabei ist nur, dass die Populationen dieser Tiere weltweit so stark zurückgegangen sind, dass sie stark vom Aussterben bedroht sind. Dazu kommt, dass sie sich nützlicher Weise von Quallen ernähren, die sich wiederum von heranwachsenden Fischen ernähren. Werden also die Schildkröten getötet, fressen mehr Quallen mehr Fische. Eine verheerende Kausalkette; allerdings ist den Fischern weltweit  kaum bekannt oder verständlich, dass sie sich damit ihre eigene Existenzgrundlage weg"naschen". Diese Schildkröte wurde aber glücklicher Weise durch neugierige Urlauber gerettet und schwimmt nun wieder durch den Atlantik. Die kleinen Dudes werden ihr hoffentlich im März folgen.
Am zweiten Abend haben die Lodgemitarbiter in der Nacht ca. 20 min. entfernt eine weitere Schildkröte gefunden und ihre Eier dann vor den Hütten, in denen wir schliefen, eingebuddelt. So sind auch Diese bis sie schlüpfen vor Dorfbewohnern und hungrigen Hunden geschützt. 




Alles in allem war das wieder ein sehr schönes Wochenende. Die Entspannung; und ja, das mag vllt. ein schäbiges Argument sein; haben viele ruheverwöhnte Freiwillige nach stressigen Arbeitswochen mit sehr grob formuliert, Horden schreiender Kinder in Schulen und nahezu täglich etlichen schweren Fällen in Krankenhäusern doch wirklich nötig.






Im nächsten Beitrag berichte ich euch über meine Arbeit, Weihnachten und Silvester auf ghanaisch und über den letzten Trip zum Wli- Wasserfall, dem höchsten Wasserfall Westafrikas.   


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