Mal wieder gibt's viel zu erzählen, da seit dem letzten Bericht ja wieder
gut 1 Monat verstrichen ist; und zwar über die Wahlen in Ghana, meinen
Geburtstag hier, Weihnachten, Silvester und einige Reisen.
Ich fang einfach mal chronologisch an. Die Wahlen vom 07.12.2012(
Freitag) hat die regierende Partei NDC mit John Mahama als Präsident gewonnen.
Beide potenziellen Präsidenten der NDC und NPP lieferten sich ein Kopf an Kopf
rennen, bei denen beide Kandidaten ca. 50% der Wählerstimmen bekamen, Mahama
dann aber mit ca. 3% Vorsprung gewann.
Generell finden die Wahlen zwar unter gleichen Bedingungen wie in
Deutschland statt, vom Wahlgeheimnis zum Beispiel machen die Ghanaer_innen
nicht allzuviel Gebrauch. Schon Wochen vorher zelebrierten die Anhänger in
Farben, mit Fahnen und Shirts ihrer favorisierten Partei selbige auf den
Straßen, indem sie mit Musik und Pfeifen durch die Straßen tanzten oder fuhren.
Besonders in der Wahlwoche habe ich praktisch überall, auf der Arbeit, dem
Heimweg oder aus der kleinen Kneipe vor meinem Fenster aufgeregte Diskussionen
auf Fanti gehört, deren Inhalte sich anhand von "NPP" und
"NDC" erahnen ließen.
Die Wahl selbst begann ziemlich früh am Morgen. Hier trafen ghanaische
Gelassenheit, Termindruck und Technik aufeinander. Da in den vergangenen Jahren
oft mehrfach gewählt wurde, sollte dies nun mit mehreren Mitteln verhindert
werden. Zum einen musste sich jede_r Wähler_in im Vorfeld mit einer Wählerkarte
registrieren lassen. Diese war mit einem Strichcode versehen und wurde direkt
vor der Wahl maschinell eingelesen. Außerdem mussten Alle auf der Liste ihres
Wahllokales vorher dokumentiert und bei Erscheinen ausgestrichen werden.
Weiterhin wurden sie vor dem Wählen mit Farbe am kleinen Finger markiert und
mussten ihren Fingerabdruck in ein kleines Gerät dafür abgeben. Eigentlich fast
klar, dass sich in dieser Vielzahl von Maßnahmen Fehler einschleichen würden
und dass das Prozetere die Stimmabgabe ziemlich in die Länge ziehen könnte. So
kam es dann, dass die Maschinen zum Einlesen des Fingerabdruckes vielerorts
nicht durchgehend funktionierten, dass sich einige nicht in den Wählerlisten
vermerkt fanden und dass auch spät abends in einigen Orten noch Menschentrauben
vor den Wahllokalen und -zelten an standen. Letztendlich waren die Stimmen dann
mit leichter Verzögerung am Sonntagabend um 22 Uhr ausgezählt. Mit der
Ergebnisverkündung wurde der eigentlich zu stille Abend dann plötzlich zu einer
spontanen Straßenparty mit Tröten, Pfeifen, Autokorsos und lauter Musik. In
Deutschland vergleichbar mit dem Geräuschpegel, den es in größeren Städten beim
Gewinn eines Fußball- EM oder WM Spieles gibt.
Trotzdem wurden im nachhinein einige Stimmen über Wahlmanipulation laut
und noch einige Tage nach den Wahlen fanden in Accra deshalb Proteste statt,
die von einem imposanten, teilweise wohl schwer bewaffneten Polizeiaufgebot
bewacht wurden.
Trotzdem verlief die Wahl in Ghana sehr ruhig und friedlich, auch wenn
den NPP- Wählern am Montag deutlich die Enttäuschung anzusehen war.
Geburtstag
Obwohl ich für meinen Geburtstag ein Übergießen mit jeglicher Art von
Wasser prophezeit und noch mehr gefürchtet habe( ich wasche ja meine Wäsche per
Hand und bin semi-begeistert von mehr Wäsche als ohnehin schon), konnte ich der
Tradition geschickt entkommen. Den Abend vor meinem Geburtstag habe ich im Haus
einer Freundin verbracht, die einige Minuten von mir entfernt wohnt. Ihre
Gastfamilie hat ein großes Haus mit einer kleinen Backstube und einem Shop in
dem eigentlich alles essbare zu erstehen ist. Die ca. 15 Kinder mit denen ich
im Compound lebe fragen mich regelmäßig, ob ich ihnen nicht mal Süßigkeiten
schenken wolle( jap, die Kinder drücken ihre Wünsche hier sehr direkt aus).
Also hab ich mich entschlossen Kuchen für alle meine "Mitbewohner"
von jung bis alt zu backen. Und welcher Anlass wäre dafür passender als mein
Geburtstag..? Also haben Kamala, ihr neuer Mitbewohner und Lehrerassistent
Valentin und ich in meinen Geburtstag reingebacken. Es gab Milo- Kuchen( modifizierter
Marmorkuchen mit Nestle´Malz- Kakao den es hier überall zu kaufen gibt) und
Ananaskuchen.
Kuchen, Schweizer Schokolade und eine Bauchkette |
Gegen 12 haben wir 3 dann mit einem Rotwein
( beschriftet mit: Spanischer
Wein, ausschließlich zum Export nach Kanada; manchmal schon seltsam, wie und woher die Dinge nach Ghana kommen..) und einem Milo- Herzform- Kuchen
zum durch schlechte Verbindung etwas stockenden " Happy Birthday" von
Stevie Wonder angestoßen. Am nächsten Morgen bin ich dann mit einer großen,
zur Tarnung mit etlichen Plastiktüten umhüllten, kuchengefüllten Box zur
Arbeit gefahren( Tarnung da Ghanaer_innen ja sehr gern essen und ich den Kuchen
ja abends an ca. 30 Leute verteilen wollte). Da mein Oburoni- Kollege,
Matthias, mir ein Glas Nutella schenkte, haben meine Kollegen der Notaufnahme
dann von meinem Geburtstag erfahren und laut klatschend " Happy Birthday"(
in der 2. Strophe " How old are you now?") inmitten unserer 3 von
Magen- Darm- Grippe und Malaria geplagten Patienten gesungen. Ich denke immer
noch leicht verstört an den zwar sehr lieben aber vom Geräusch erbrechender
Menschen begleiteten Gesang zurück.
Am Nachmittag bin ich schnell nach Hause gefahren um zu duschen und mich
für ein Treffen mit Freunden an einem Spot vorzubereiten. Zum Glück war der
Compound bis auf 2 Leute noch leer, da alle anderen noch auf der Arbeit oder in
der Schule waren. So wurde ich schon mal nicht übergossen. Als ich aus der Dusche
stieg und Sarah, eines der Nachbarskinder, aufgeregt zu mir sprang um mir etwas
u erzählen, bemerkte ich ein kribbeln
auf meinem rechten Fuß. Und wer saß da..? Zu meiner Freude und vielversprechend
für ein neues Lebensjahr hatte es sich eine unglaublich große Kakerlake auf
meinem Fuß bequem gemacht( vllt so 6 oder 7 cm lang). Das kuriose daran- ich
habe weder vorher noch seitdem eine so große Kakerlake gesehen, geschweige denn
auf meinem Fuß begrüßen dürfen. Nachdem ich dann von einem entspannten
Nachmittag mit anderen Freiwilligen vom Spot zurückkam, bin ich schnell und
unerkannt in mein Zimmer geflüchtet, um den dort versteckten Kuchen
vorzubereiten. Als ich dann mit Diesem in der Hand auf den Compound trat und
vorrausschickte: wenn ich übergossen würde, wäre der ganze Kuchen zerstört,war
ich endgültig vor der unerwünschten Dusche gerettet.
Ansonsten gibt es neben dem Lied "Happy Birtday to you! [...] How
old are you now? [...]" keine " exotischen" Geburtstagsbräuche.
Gerngesehene Aktivitäten und Geschenke sind Ausgehen um zu essen oder etwas zu
trinken. So wie wir in Deutschland vllt. zur Feier des Tages zu Restaurants
internationaler Küche gehen, gehen wir hier also zu Spots, in denen typisch
ghanaische Reisvarianten angeboten werden, trinken ein Bier oder eine Cola und
genießen den Tag. Geschenkt wird also eben dieses Ausgehen oder etwas
nützliches für den Alltag.
Am Wochenende nach meinem Geburtstag bin ich mit einigen Freunden zu
meinem Wunschziel gereist. Es sollte nach Dzita, einem kleinen Fischerdorf in
der Voltaregion, am Golf von Guinea, gehen. Da ich am Donnerstag sowieso nach
Accra musste( durch ein kleines Missgeschick beim 12 Uhr- Biss in den
Geburtstagskuchen musste ich leider zum Kieferorthopäden fahren), beschloss ich
auch dort zu schlafen um am Freitag früher zur Voltaregion fahren zu können.
Möchte man verreisen muss man nämlich oft in Accra umsteigen und
dementsprechend dauert es am Wochenende meist mehrere Stunden um in die Innenstadt
rein und genausolange um raus zu fahren. Nach einer Nacht in eher mäßiger
Unterkunft beim billigen Jugendherbergs- Flair- Heilsarmee- Hostel mit
geschlechtergetrennten 6- Mensch- Zimmern haben wir uns dann Freitag auf den
Weg zum eigentlichen Ziel gemacht. Bevor wir die prophezeit 8- stündige Reise
antraten, holten wir uns Egg and Bread an der Straße. Das Lieblingsfrühstück
vieler Freiwilliger: gebratenes Ei mit Gemüse zwischen 2 angebratenen
Weißbrotscheiben. Beim warten fielen uns die wohl bisher lustigsten Oburonis
auf, sie saßen an der gegenüberliegenden Straßenseite( ich lade einfach mal das
Bild dazu; im Sinne von Bilder sagen mehr als Worte) und aßen, Zigaretten
rauchend, auf viel zu kleinen Stühlen Haferschleim.
...Accra Vice... |
Von der Tudu- Tro- Tro- Station zwischen sehr vollen Straßen im <3en
Accra's kamen wir dann nach ca. 3 Stunden in Dzita an. Im Dorf stehen
Betonhäuser auf riesigen Flächen verwehten Strandsands, Buden sind meist
einfach aus zusammengefügten Palmenblättern gebaut. Umgeben ist der Küstenstreifen
von Lagunen. Am Strand haben sich mehrere Salzwasserseen gebildet. An einem
davon war dann die "Meet me there" Lodge gelegen. Aus kostengründen
haben wir uns für die billigeren Hütten ohne Strom entschieden. Wie sich
herausstellte, so denke ich zumindest, die bessere Wahl. Wir wohnten also in
kleinen Hütten aus Palmenblättern in denen jeweils für 2 oder 3 Leute Platz
war. Sie standen genau am Strand, sodass wir genau hinter ihnen ins Meer oder
genau vor ihnen in den Salzwassersee springen konnten, der uns vom Rest der
Lodge trennte. Nachts wurden kleine Petroleumfackeln am Seeufer und kleine
Lampen in den Hütten angezündet. Gegessen und abends getrunken wurde auf einer
Plattform über dem See, von der auch in den See gesprungen werden kann.
Eines der Argumente für einen Trip nach Dzita ist der, dass an dessen
Strand vermehrt Meeresschildkröten "nisten". Und so haben wir schon
in der ersten Nacht eine metergroße Leatherback- Schildkröte nach der Eierablage
auf ihrem umständlichen Weg zurück ins Meer begleitet.
Oft werden die
Schildkröten von Dorfbewohnern auf den Rücken gedreht gefunden. Durch die
Mitarbeiter der Lodge, die gleichzeitig für den Schutz der umliegend Eier legenden Schildkröten zuständig sind, und neugierige " Urlauber"
kann glücklicher Weise oft interveniert werden, wenn Dorfbewohner schneller bei
der Schildkröte sind. Denn hier, genauso wie an vielen anderen Stränden auf der
Welt, an die die Meeresschildkröten kommen, werden Fleisch und Eier als gratis
Nahrungergänzung genutzt. Problem dabei ist nur, dass die Populationen dieser
Tiere weltweit so stark zurückgegangen sind, dass sie stark vom Aussterben
bedroht sind. Dazu kommt, dass sie sich nützlicher Weise von Quallen ernähren,
die sich wiederum von heranwachsenden Fischen ernähren. Werden also die
Schildkröten getötet, fressen mehr Quallen mehr Fische. Eine verheerende
Kausalkette; allerdings ist den Fischern weltweit kaum bekannt oder verständlich, dass sie sich
damit ihre eigene Existenzgrundlage weg"naschen". Diese Schildkröte
wurde aber glücklicher Weise durch neugierige Urlauber gerettet und schwimmt
nun wieder durch den Atlantik. Die kleinen Dudes werden ihr hoffentlich im März
folgen.
Am zweiten Abend haben die Lodgemitarbiter in der Nacht ca. 20 min.
entfernt eine weitere Schildkröte gefunden und ihre Eier dann vor den Hütten,
in denen wir schliefen, eingebuddelt. So sind auch Diese bis sie schlüpfen vor
Dorfbewohnern und hungrigen Hunden geschützt.
Alles in allem war das wieder ein sehr schönes Wochenende. Die
Entspannung; und ja, das mag vllt. ein schäbiges Argument sein; haben viele
ruheverwöhnte Freiwillige nach stressigen Arbeitswochen mit sehr grob
formuliert, Horden schreiender Kinder in Schulen und nahezu täglich etlichen schweren
Fällen in Krankenhäusern doch wirklich nötig.
Im nächsten Beitrag berichte ich euch über meine Arbeit, Weihnachten und
Silvester auf ghanaisch und über den letzten Trip zum Wli- Wasserfall, dem
höchsten Wasserfall Westafrikas.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen